2021 hatte der Rettungszweckverband mit dem Bau begonnen, jetzt steht die Inbetriebnahme bevor.
Warum die Rettungssanitäter der Johanniter-Unfall-Hilfe dem Umzug entgegenfiebern.
Das Warten hat die längste Zeit gedauert: Nach knapp dreieinhalb Jahren Bauzeit wird die Rettungswache Wildenfels nächste Woche offiziell eingeweiht. Einen Monat später, wenn auch die restlichen Arbeiten erledigt sind, wollen Markus Scharte und sein Team den Neubau an der Hartensteiner Straße beziehen. „Für uns ist das ein Riesenschritt, eine Zeitenwende“, sagt der Mann von der Johanniter-Unfall-Hilfe, der die Rettungswachen Kirchberg und Wildenfels leitet. Zeitenwende – geht es nicht eine Nummer kleiner?
Rettungswache in ehemaliger Lkw-Werkstatt
Dass Schartes Wortwahl durchaus berechtigt ist, zeigt ein Abstecher in die Wache im Wildenfelser Ortsteil Härtensdorf, aus der die Rettungssanitäter zurzeit noch ausrücken: 2011 wurde im Gewerbegebiet an der Autobahn-Auffahrt Zwickau-Ost die Halle einer Lkw-Werkstatt angemietet – Platz für je zwei Rettungswagen und Krankentransporter plus ein Reservefahrzeug.
Das Provisorium bot lange Zeit gute Bedingungen für die Technik, aber suboptimale für die Rettungssanitäter: eine Unisex-Toilette für bis zu zehn Personen, eine offene Umkleide für alle, keine richtigen Ruheräume, wie sie im Schichtdienst benötigt werden, keinerlei Lagermöglichkeiten. „Aber damals war das ein Fortschritt“, erinnert sich Scharte, der noch das vorherige Domizil in einem nahen Entsorgungsbetrieb kennt. Die Rettungswache nahe der Autobahn war 1993 eingerichtet worden, um bei den damals nahezu täglich vorkommenden schweren Verkehrsunfällen auf der noch nicht ausgebauten A 72 schnell ausrücken zu können und eine kurze Anfahrt zu haben.

Seit 2011 diente diese alte Lkw-Werkstatt an der A 72 in Härtensdorf als Rettungswache. Schon die Zufahrt war für die Rettungswagen abenteuerlich. Bild: Holger Weiß
Inzwischen hat sich die Situation auf der A 72 geändert, die Autobahn ist für die Rettungssanitäter von Wildenfels nicht mehr Schwerpunkt ihrer Arbeit. Rund 6000 Einsätze, etwa je zur Hälfte von Kirchberg und Wildenfels aus, absolviert Schartes Team jährlich. Zu den Rettungseinsätzen kommen Krankentransporte im Einsatzbereich. Der umfasst neben den Städten Wildenfels und Hartensteinmit allen Dörfern auch Langenweißbach, Reinsdorf und den oberen Mülsengrund. Für den Rettungszweckverband (RettZV) Südwestsachsen wurde es damit höchste Zeit, die Situation in dieser Region des Landkreises Zwickau zu verbessern. Zumal inzwischen die Anforderungen an Rettungswachen gestiegen sind, wie RZV-Geschäftsführer Jens Leistner betont.
Neue Wache ist bis zu 72 Stunden autark
Entsprechend großzügig ist der Neubau an der Hartensteiner Straße in Wildenfels ausgelegt: Zwei Wagenhallen, von denen die beheizbare Platz für zwei Rettungsfahrzeuge und drei Krankentransportwagen bietet. Die andere Halle ist für zwei Fahrzeuge des Katastrophenschutzes reserviert. Angegliedert sind ein Fahrzeugwaschplatz und ein Desinfektionsbereich, dazu Lager für medizinisches Verbrauchsmaterial. Die Besatzungen der Rettungsfahrzeuge finden in dem über 3,5 Millionen Euro teuren Neubau die lang ersehnten modernen Sanitärräume vor, getrennte Umkleiden für weibliche und männliche Sanitäter, dazu einen Aufenthaltsbereich mit Küche, Ruheräumen und einen Fitnessraum. „Die Vorfreunde im Team auf den Umzug ist groß“, bestätigt Markus Scharte, der verspricht, die Johanniter-Unfall-Hilfe werde im Frühjahr zu einen Tag der offenen Tür in die neue Rettungswache einladen.

Markus Scharte leitet die Rettungswachen in Kirchberg und Wildenfels. Im Neubau bekommt sein Team endlich zeitgemäße Arbeitsbedingungen: ordentliche Umkleiden, Sanitäranlagen und Ruheräume. Bild: Mario Dudacy
Dann kann man sich davon überzeugen, wie die neuen Anforderungen an Rettungswachen sichergestellt werden. Der Neubau in Wildenfels verfügt über technische Anlagen, die für mindestens 72 Stunden einen autarken Betrieb sicherstellen: ein Notstromaggregat und ein mit 1000 Liter Diesel befüllter Tank, dazu Medikamente und medizinisches Material für mindestens drei Tage.
Messfahrten belegen: Einsatzzeiten am neuen Johanniter-Standort gesichert
Befürchtungen, dass mit dem Umzug an den neuen Standort innerhalb von Wildenfels die Bedingungen zum Ausrücken komplizierter werden, teilt der Johanniter nicht. Der neue Standort an der Staatsstraße sei durch ein Gutachten zur räumlich-zeitlichen Erreichbarkeit im Zusammenspiel mit den angrenzenden Rettungswachen im Landkreis ermittelt und vom RettZV durch Messfahrten bestätigt worden. Denn Zielstellung laut Gesetz ist: Binnen zehn Minuten sollen die Retter am Einsatzort sein.
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